Sonntag, 11. März 2012

Kundgebung in Wien: Ein Jahr nach Fukushima

Kurzbericht von der Kundgebung

Am 11. März führte das Solidaritätskomitee vor der japanischen Botschaft eine Kundgebung “Ein Jahr nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima” durch. Bei Regen, Windböen und Kälte fand sich nur eine kleine Gruppe solidarisch gesinnter Menschen Ecke Hessgasse/Schottenring ein, um der Opfer der Reaktorkatastrophe zu gedenken, für die Unterstützung des Projekts einer selbstverwalteten Kinderklinik in Fukushima zu werben, die Stilllegung aller AKWs zu fordern und die Verantwortlichen für die Katastrophen von Fukshima, Tschernobyl, Three Miles Island etc. beim Namen zu nennen.

Bei der Begrüßung wies Kurt Lhotzky vom Solidaritätskomitee mit Bedauern auf die kleine Teilnehmerzahl hin. Es sei schade, dass Solidarität offenbar für manche eine “Schönwetterangelegenheit” sei. Jene, die sich trotzdem der nicht gerade freundlichen Witterung aussetzten, könnten sich so sicher viel plastischer die Situation jener 160.000 Menschen vorstellen, die aus der “Zone” evakuiert worden waren und in Zeltstädten, Notunterkünften oder Schulen untergebracht wurden, und davon viele jetzt schon ein Jahr lang.

Nach der Präsentation des Komitees wurde eine Grußbotschaft von NAZEN, gelesen von Shiori MATSUMURO, einer Sekretärin von Nazen, eingespielt (alle Grußbotschaften am Ende des Artikels zum Downloaden!) In der Erklärung heißt es unter anderem:

“Heute betrauern die Menschen in Japan jene 20.000 Toten, die in dieser schlimmsten Katastrophe umgekommen sind. Dennoch: hier gibt es offensichtlich zwei verschiedene Formen der Trauer, in ihrem Charakter nach wesentlich anders sind: Zum einen die Trauer der Menschen über den Verlust ihrer unersetzlichen Familienmitglieder und Freunde. Die andere ist eine Zeremonie, die von Regierungs durchgeführt wird. Das ist nichts anderes als ein Affront gegen das Volk, um ihre Verbrechen zu bemänteln und ihrer Verantwortung zu entkommen, indem sie sogar den Kaiser dazu mobilisieren. Sie schreien: ‘Kämpft nicht am Tag der Trauer’ um die Wut der Leute zu unterdrücken. Wir werden uns trotzdem in ganz Japan zu zornigen Demonstrationen erheben, einschließlich und zu allererst in Fukushima (Kohriyama city). Die Trauer der Menschen in den betroffenen Regionen ist so tief, und die Bereitschaft groß, ihren Ärger in einer Aktion gegen diese schamlose Bande Krimineller, die sich aus ihrer Verantwortung fortstehlen wollen, Luft zu machen (…)

Bei der Abschaltung der Reaktoren von Fukushima Daiichi wurde eine große Anzahl irregulär beschäftigter Arbeiter, die durch benachteiligende Maßnahmen dazu gewzungen wurden, der Strahlung ausgesetzt. Die Regierung und das Kapital reproduzieren immer wieder eine Struktur, die die Arbeiter spaltet und deren Leben zu einer verfügbaren Ware für ihre Profite macht. Darüber hinaus zielen sie im Namen der „Wirtschaftserholung“ oder des Wiederaufbaus auf eine Reduzierung der Mindestlöhne der Arbeiter in den betroffenen Gebieten und auf die Privatisierung der Wasserversorgung, von Strassen, Schulen und der Kommunaleinrichtungen ab Weiters benutzen sie die Menschen in Fukushima als Versuchskaninchen, um Hersteller von medizinischen Geräten und Pharmafirmen aus der ganzen Welt anzulocken.”

Eine Erklärung von Arbeiteresperantisten der SAT aus Japan, Korea und Taiwan, die verlesen wurde, betont ebenfalls den internationalen Charakter der Proteste zum Jahrestag von Fukushima:
“Wir wollen euch unsere Solidarität und Dankbarkeit für euer “Solidaritätskomitee mit den Werktätigen in Japan” übermitteln, das gegen Kernkraft, für Solidarität mit den japanischen Arbeitern und die Unterstützung der Errichtung einer Kinderklinik in Fukushima eintritt.
Am 10. und 11. März stehen in verschiedenen Teilen Japans hunderttausende Menschen auf und protestieren gegen Atomkraftwerke. In Korea demonstrieren am 10. März Menschen in Seoul und Busan unter der Parole “Eine atomfreie Welt für Kinder“.

Aber die japanische Regierung will jene Reaktoren wieder in Betrieb nehmen, die nach dem Unfall in Fukushima heruntergefahren wurden. Die Regierung beabsichtigt ferner, ein Atomkraftwerk nach Vietnam zu exportieren. Die koreanischen und taiwanesischen Regierungen befürworten die Atomkraft und bauen neue Kernkraftwerke.

Arbeiter und Menschen auf der ganzen Welt, kämpft solidarisch für die Stilllegung der Kernkraftwerke!

Weg mit allen Atomkraftwerken weltweit!

Es lebe die Einheit der Werktätigen und der Völker in Österreich, Korea, Taiwan und Japan!”

Die Kundgebung schloss mit der Internationale (eingespielt auf japanisch).

Anhang: Die Grußbotschaften von NAZEN und den SAT-Mitglieder in Japan, Korea und Taiwan

Solidarity message from Japan(j)
http://japankomitee.files.wordpress.com/2012/03/solidarity-message-from-japanj1.pdf
Solidarity message from Japan(e)
http://japankomitee.files.wordpress.com/2012/03/solidarity-message-from-japane1.pdf
Solidarity message from Japan(d)
http://japankomitee.files.wordpress.com/2012/03/solidarity-message-from-japand1.pdf
sat_grußbotschaft
http://japankomitee.files.wordpress.com/2012/03/sat_gruc39fbotschaft1.pdf

Fotos folgen, ein Videozusammenschnitt der Kundgebung erscheint demnächst auf Labournet – ein Link folgt.
Quelle: http://japankomitee.wordpress.com/kundgebung-ein-jahr-nach-fukushima/

Danketsu Blog

Internationale Kurznachrichten zu Arbeits- und Arbeiterkämpfen. Inspiriert von der japanischen Eisenbahnergewerkschaft Doro-Chiba

Danketsu

Das japanische Wort "Danketsu" bedeutet wörterbuchmässig übersetzt "Solidarität". Wie aber so oft hat das japanische Wort in der japanischen Sprache selbst eine noch viel komplexere Bedeutung, etwa im Sinne des Wahlspruchs der 3 Musketiere aus Alexander Dumas Roman: "Einer für alle! Alle für einen!"

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Klassenorientierte Arbeiterbewegung

Die Schaffung und Verbreiterung einer internationalen klassenorientierten Arbeiterbewegung ist ein Ziel der kämpferischen Eisenbahnergewerkschaft Doro-Chiba in Japan. Dies bedeutet unter anderem: (1) Arbeits- und Arbeiterkämpfe dürfen niemals sektoriell, kulturell, ethnisch oder national isoliert und eingegrenzt bleiben. Über alle diese (letztlich künstlichen) Grenzen hinweg muss Solidarität (Danketsu) praktiziert werden. (2) die Gesamt - Interessen aller Menschen, die nur Besitzer blosser Arbeitskraft als Produktionsfaktor sind (60-80% der Bevölkerung etwa in Ländern wie Deutschland oder Japan), also wissenschaftlich formuliert der Klasse des Proletariats, müssen stets im Vordergrund sein. (3) Es ist von einer Unversöhnlichkeit der Interessen von Kapital und Arbeit auszugehen. (4) Es gilt die unmittelbare und direkte Solidarität (Danketsu) zwischen den zahllosen Segmenten dieser Klasse weltweit ständig zu erzeugen und zu verbreitern.

Berliner Solidaritätskomitee mit den Werktätigen in Japan

Am 11.10.2011 riefen 4 Gründungsmitglieder das Berliner Solidaritätskomitee mit den Werktätigen in Japan ins Leben. Ziel des Komitees ist die Schaffung zahlreicher Kontakte zwischen deutschen und japanischen gewerkschaftlichen Aktivisten (wobei gewerkschaftliche Aktivisten keineswegs etwa auf formale Mitglieder von Teilorganisationen etwa des DGB begrenzt ist). Dieser Blog hier (Danketsu-Blog) ist allerdings nicht nur einseitig auf deutsch-japanische Arbeitersolidarität ausgerichtet, sondern nahm von Anfang an auch Kurzmeldungen über Arbeitskämpfe aus anderen Teilen der Welt auf. Damit realisieren wir auch auf beste Weise, was ein zentrales Anliegen der japanischen Doro-Chiba ist: Schaffung einer weltweit miteinander vielfältig vernetzten klassenorientierten Arbeiterbewegung; Danketsu erzeugen und immer weiter verbreitern.

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